Tagesexkursion der Jahrgangsstufe 12 nach Verdun am 2. Mai 2023

Austausch & Exkursionen, Europa, Gesellschaftswissenschaften

 

Die Fachschaft Geschichte des Humboldt-Gymnasiums Trier organisiert jährlich eine Tagesexkursion zum ehemaligen Schlachtfeld in Verdun für die Jahrgangsstufe 12, die von den Geschichtslehrer*innen der Stufe geplant und begleitet wird. Zudem wurde die Gruppe auch in diesem Jahr von zwei Vertretern des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Herrn Klöppel und Herrn Baus, über das Gelände geführt. 

Mit zwei Bussen fuhren wir am 2. Mai um 7.15 Uhr vor dem HGT ab und trafen uns kurz vor 10 Uhr Mémorial in Verdun mit den beiden Vertretern der VDK. Von dort erkundeten die beiden Gruppen getrennt die verschiedenen Etappen in Verdun. 

Das Dorf Fleury

Gruppe 2 begann die Besichtigung im ehemaligen Dorf Fleury. Das eine von neun im Schlachtgebiet liegende Dorf war nur noch durch die Steinpfeiler, auf welchen die damaligen Gebäude ausgeschildert sind, erkennbar. Vorbei an alten Scheunen, der ehemaligen Schule und dem Ort wo einst das Rathaus stand, wurden wir von Herrn Bausch an die Kirche geführt wurden. Dort erzählte er von der Gemeinde Dorf Fleury-devant-Douaumont, die eine entscheidende Rolle im ersten Weltkrieg aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage spielte. So fanden 16 Herrschaftswechsel  der Besatzung, während der Schlacht statt. Das kleine Dorf war mal von den Deutschen, mal von den Franzosen besetzt. Fleury zählt zu den Villages détruits, welche Dörfer sind, die nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut wurden. Über die hügelige Kraterlandschaft ist ein sattgrüner Grasteppich gewachsen und man würde nicht meinen, dass unter der märchenhaften Oberfläche noch immer unzählige Blindgänger und Tote verborgen sind. Aus Sicherheits- und Respektgründen blieben wir daher auf den vorgesehenen Wegen. Der Anblick des Dorfes schien wie die Verkörperung des Sprichworts „Die Ruhe nach dem Sturm“. Die Grausamkeiten der Schlacht mit der Idylle von heute zu verbinden, fiel vielen von uns schwerer als gedacht. Das Dorf hat für die Franzosen immer noch einen großen Symbolcharakter: Es gibt einen Bürgermeister, ein Zeichen dafür, dass das Dorf und seine Menschen niemals vergessen zu wollen. Im Anschluss sind wir weiter zu dem Fort Duoaumont gefahren. In Gedanken waren manche noch bei den Dorfbewohner*innen, denen ein normales Leben vom Krieg verwehrt wurde.

Text: Zita Bölles und Anne Harden MSS 12

 

Das Fort Douaumont

„Nass und kalt“ würde es werden, versprach uns Dennis Köppl vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Also zogen wir alle eine Jacke über und verließen unseren Reisebus in Richtung Fort Douaumont. Unsere Gruppe erwartete ein außergewöhnliches Gelände, das von vielen Kratern und Unebenheiten geprägt war. Auf der Anlage, die mittlerweile einer Ruine glich, wehten drei hohe Fahnen im Wind. Die französische, die der Europäischen Union und die Deutschlands. Später erfuhren wir, dass die Anbringung der deutschen Flagge noch viele Jahre nach dem Krieg auf enormen Widerstand gestoßen war. Dementsprechend demütig zogen wir unsere Köpfe ein und folgten Herrn Köppl durch einen engen Gang in das Innere des Gemäuers. 

Die Festung aus dem Ersten Weltkrieg gehörte zu den stärksten Verteidigungseinrichtungen der französischen Armee. Sie sollte zum Schutz vor deutschen Angriffen dienen, fiel allerdings bereits am 25. Februar 1916, also wenige Tage nach Beginn der Schlacht von Verdun, für einige Monate in die Hand des Gegners. Anhand eines Modells erklärte unser Guide, was diese Anlage besonders machte. Ausgelegt war sie für ca. 400 Soldaten, die im Inneren leben, schlafen und kämpfen sollten. Unter deutschem Kommando befanden sich hier aber über 4.000 Mann. Dementsprechend eng wurde es auch in den Betten, wenn man die Pritschen aus Holz und Stahl denn so nennen darf. Nachdem wir den Schock verdaut hatten, den wir bei der Besichtigung der Toiletten der Festung bekamen, ging es für uns weiter nach unten. Hier stießen wir auf das Innere des Geschützturms, von dem wir nur einen kleinen Teil sahen. Aber selbst dieser überragte Herrn Köppl schon deutlich. Während uns das kalte Wasser von der Decke der Festung auf die Haare tropfte, erfuhren wir, welche Technik hinter dieser schlagkräftigen Waffe steckte. 

Weiter an einem alten Munitionslager vorbei erreichten wir den für die meisten von uns eindrücklichsten Ort der Anlage. Am Ende eines kurzen Ganges befand sich ein zugemauerter deutscher Soldatenfriedhof. Davor befand sich ein hölzernes Kreuz. Herr Köppl erklärte uns, dass dieser Gedenkort auf ein Brandunglück in Fort Douaumont am 8. Mai 1916 zurückzuführen ist, bei dem um mehrere Hundert deutsche Soldaten äußerst grausam ums Leben gekommen sind. Bei einem Blick nach unten, entdeckten wir viele Blumen, die von Angehörigen oder Anteilnehmenden an diesem denkwürdigen Ort hinterlassen wurden. 

Spätestens auf dem langen Rückweg durch die nassen und kalten Gemäuer von Fort Douaumont kamen einige von uns ins Nachdenken. Ich bin dankbar, dass wir die Möglichkeit bekommen haben, die Geschichte des Ersten Weltkriegs einmal so nah zu erleben. 

Text: Nils Thiel, Stéphanie Jutier, MSS 12; Fotos: Jonas Gilg, MSS 12

 

Gebeinhaus Verdun

Das Beinhaus von Verdun, auch bekannt als Ossuaire de Douaumont, ist ein faszinierendes Denkmal, das an die Schrecken des Ersten Weltkriegs erinnert. Es befindet sich in der Nähe der Stadt Verdun in Frankreich, wurde nach dem ersten Weltkrieg erbaut und durch Spenden finanziert. Es gilt heute noch als ein Ort des Gedenkens, der Reflexion und der Erinnerung.. 

Gebeine von 130.000 nicht identifizierbaren gefallenen deutschen und französischen Soldaten, die während der Schlacht von Verdun im Jahr 1916 ihr Leben verloren haben, sind in Grabkammern beigesetzt. Als wir dort ankamen, wurde es direkt zu einem Ort der Stille und des Nachdenkens. Jeder hatte mehrere Minuten Zeit, um sich die Knochen und Schädel der gefallen Soldaten durch kleine Fenster anzuschauen. Viele kleine Fenster nebeneinander und in jeder Grabkammer: Gebeine, Knochen, Schädel. Ein Anblick der zum Nachdenken und Reflektieren verleitete, der aber auch ein sehr mitnehmendes und emotionales Gefühl erweckte. 

Aus dem Unterricht und aus Erzählungen wusste man, dass viele Soldaten während der Schlacht gefallen sind, dennoch konnte man sich solch große Zahlen einfach nicht vorstellen. Als wir dann aber am Fenster standen und die Gebeine gesehen haben, wurde uns klar, dass zählige Menschen eine Familie, Frau und Kinder zurückgelassen haben. 

Doch wieso sind nicht alle Gebeine in einer großen Grabkammer, sondern in vielen kleinen aufgeteilt? Das Schlachtfeld wurde in 52 Sektoren eingeteilt, weshalb die Gebeine sortiert in verschiedenen Grabkammern beigesetzt sind. Man hat versucht die Soldaten, die in den verschiedenen Sektoren gekämpft haben, in den Kammern zu ordnen. Bei zwei Grabkammern ist nicht eindeutig klar, aus welchem Sektor die Soldaten kamen. Auch sind die Überreste der deutschen und französischen Soldaten gemischt beigesetzt worden, da man damals nicht feststellen konnte, welche Gebeine zu welchem Soldaten gehörten.  

Das Beinhaus von Verdun ist nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern auch ein Ort der Erinnerung. Neben den Knochen und Schädeln sind auch persönliche Gegenstände der Soldaten ausgestellt, wie zum Beispiel Uniformen, Helme und persönliche Briefe. Anschließend gingen wir hoch zu einem langen Gewölbegang, welcher über den Grabkammern liegt. An den Wänden und der Decke sind tausende Soldaten namentlich mit dem Geburts-und Todestag erwähnt. Geht man durch den 137m langen Gang, dessen Glasfenster in orangeroten Farben leuchten, verfällt man in einen Zustand, den man nicht beschreiben kann. Zum Gedenken an die Soldaten war das Reden absolut verboten. 

Jeder dieser Namen gehört zu einem Mann, der auf den Schlachtfeldern von Verdun verschollen ist. Bei jedem Namen wurde uns klar, dass hinter den Zahlen und Statistiken Menschen mit Hoffnungen, Träumen und Familien standen. Was uns aber vor allem an diesem Tag nähergebracht wurde, dass Kriege schreckliche Konsequenzen haben und dass wir uns immer darum bemühen müssen, den Frieden zu bewahren. 

Text: Tali Botmann und Nathalie Hilgenstock MSS 12

 

Mémorial de Verdun 

Das Museum und die Erinnerungsstätte Mémorial de Verdun, bildet ein Teil des Gedenkens. Das Museum bot uns  auf drei Etagen ein Nacherleben der Schlacht sowie einen emotionalen, als auch authentischen Einblick in das Leben der Soldaten. Gleich am Eingang wurde zunächst der historische Kontext durch einen Film und  diversen Ausstellungsstücke vermittelt. So konnten wir diesen durch unseren Guide im Rahmen der vorher erfolgten Besuche anderer Gedenkorte rund um Verdun vertiefen.  

Bei dem Rundgang durch das Museum sahen wir Uniformen, Waffen und spezielle Granaten, aber insbesondere stand das Leben des einzelnen Soldaten und dessen dramatische und emotionale Erfahrungen im Vordergrund, sei es Franzose oder Deutscher. Die Erfahrungen wurden uns durch visuelle und audiovisuelle Inhalte nähergebracht. Gerade die Zitate aus Briefen und Tagebüchern von deutschen und französischen Soldaten, die die Sehnsüchte aber auch Ängste der Männer widerspiegelten, die in den Gräben an der Front kämpften, machten uns beklemmend deutlich, wie die Realität des Krieges wirklich aussah. 

Insbesondere die menschliche Perspektive, die durch die dargestellten Alltagsgegenstände und zerbrechliche Zeugnisse der Soldaten vermittelt wurde, hinterließ einen nachhaltigen Eindruck und regte zum Nachdenken an. 

Text: Michael und Alexander Pütz, MSS 12

 

Soldatenfriedhof „Hautecourt“

Der fünfte und letzte Stopp der Exkursion ist der deutsche Soldatenfriedhof „Hautecourt“, der sich etwa 15 km außerhalb des eigentlichen Schlachtfeldes befindet.

Mit 7885 dort beigesetzten Soldaten ist es der zweitgrößte Friedhof für deutsche Soldaten in der Umgebung, im Gegensatz zu den französischen Gräberstätten jedoch deutlich nüchterner gestaltet.

Unser Tourguide Herr Köppl erklärt, dass ein Land zwar laut Versailler Vertrag zuständig für alle Kriegstoten auf seinem Gebiet war, die französische Verwaltung die gefallenen Deutschen nach dem Krieg aber nur notdürftig bestattet hat. So gibt es beispielsweise drei Sammelgräber, in denen zwei Drittel der Toten liegen. Erst in den 1960ern wurde der Friedhof so renoviert, wie er heute für Besuchende zugänglich ist. 

In mehreren Reihen stehen schwarze Metallkreuze, in denen die Namen der Soldaten eingraviert sind. Immer wieder begegnet uns auch die Bezeichnung „Unbekannter deutscher Soldat“, dann konnte nicht einmal die Identität des Toten ausfindig gemacht werden.

Auffällig sind außerdem zwölf Stelen, die auf Gefallene jüdischen Glaubens verweisen. Auf Steintafeln am Eingang des Friedhofes findet man alle Namen derer, die in den Sammelgräbern liegen.

Auch wenn die Bestatteten auf diesem Friedhof nur einen Bruchteil der Toten insgesamt ausmachen, ist die Menge erschreckend. Besonders die Massengräber, in denen die sterblichen Überreste tausender Soldaten liegen, hinterlassen bei vielen ein beklemmendes Gefühl.

Ein Blick auf die Grabinschriften und die dort eingravierten Geburts- und Todesdaten verraten schnell, dass die meisten Verstorbenen kaum älter waren als die meisten von uns. 

Es ist schwer vorstellbar, dass dieser Friedhof symbolisch für das Schicksal unzähliger, teils noch immer unbekannter Jugendlicher und junger Erwachsener steht, die vor nur etwas über 100 Jahren ihr Leben in der sinnlosen Schlacht von Verdun opferten, und doch verdeutlicht uns dieser Friedhof und alle Gedenkstätten davor, wie wichtig es ist, sich an diesen Teil unserer Geschichte zu erinnern.

Text: Elena Krippes, MSS 12

Fotos: Jonas Gilg (MSS 12) und Carolin Filc

Zurück
Sdui-App
NEXTCLOUD