Gedenktage 2023

Projektgruppe Todesfuge
Diversity: links Sayara, rechts: Finn
Umweltschutz: Mila, Diversität: Jette
Offenheit: Solveig, Freie Meinungsäußerung: Manuel
Meinungsfreiheit: Fabian
Gleiche Rechte: Eva & Chiara
Toleranz & Respekt: Caroline
Umgang mit Rohstoffen: Yusuf
Toleranz: Lea
Projekt V: Den Opfern ein Gesicht geben – Die Trierer Deportierten
Projekt V: Den Opfern ein Gesicht geben – Die Trierer Deportierten
Projekt V: Den Opfern ein Gesicht geben – Die Trierer Deportierten
Europa, Religion/Ethik, Projekte

Projekttage der Jahrgangsstufe 11 aus Anlass des Holocaust-Gedenktages 25./26.01.2023

Am 26.01.2023 gestalteten die Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe des HGT um 18 Uhr eine Gedenkstunde, zu der die Schule anlässlich des Gedenktages der Befreiung
des KZ Auschwitz am 27.01.1945 eingeladen hatte. Am 25. und 26.01.2023 wurde zu der
Thematik der NS-Zeit und des Völkermords in insgesamt sechs verschiedenen Projekten
gearbeitet. Sowohl auf künstlerische, wie auch auf literarische und historische Weise
konnten sich die Schüler:innen der schrecklichen Taten bewusst werden und Lehren für die
Zukunft daraus ziehen.
Musikalisch umrahmt wurde die Feier durch ein Ensemble des HGT-Schulorchesters unter der Leitung von Frau Breiling, sowie Héloïse Neuberg (Klarinette, Gesang), Frau Form (Klarinette) und Herr Jakobs (Gitarre).
Für den Abend war die Aula mit dem diesjährigen Motto „Denk-mal!“, einer Ausstellung der AG „Grenzenlos gedenken“ und verschiedenen Bildern, die an die Wände projiziert wurden, passend gestaltet.

►Link zur Seite der Gedenktage

Jakob Braun


Projekt I: KZ Hinzert - Pölert. Ein ganz besonderes KZ?

Am 25. Januar haben wir mit unserer Projektgruppe „Hinzert“ an den Gedenktagen die Gedenkstätte SS-Sonderlager KZ Hinzert-Pölert besucht. Nachdem wir uns morgens in der Schule getroffen, dort eine Vorbesprechung gehalten und unsere Themengruppen eingeteilt haben, sind wir mit dem Bus nach Hinzert gefahren. Als wir ausstiegen schauten wir auf ein leeres Feld, neben dem ein scheinbarer Soldatenfriedhof lag und eine großes Gebäude, welches verdellt und rostig aussah. Das Gebäude war der 1. Platz eines Architekturwettbewerbs, welches danach noch mehrere Auszeichnungen bekam. Als wir schließlich in die innere Dokumentationshalle gingen und von den Mitarbeitern Herr Mertens und Katharina freundlich begrüßt wurden, bekamen wir eine Einführung in das Thema „Konzentrationslager Hinzert und Deutschland“.
Insgesamt gab es ca.42000 Konzentrationslager über die Jahre verteilt in Europa. Das KZ Hinzert wurde 1939 als Polizeihaftlager erbaut und stand bis März 1945. In dieser Zeit wurde es erstmals zu einem Arbeitserziehungslager umfunktioniert und später zu einem Konzentrationslager. Im Arbeitserziehungslager befanden sich die am Westwall eingesetzten Arbeiter, im nationalsozialistischem Sinn Straffällige und Arbeiter der Organisation TODT(OT). Das KZ war eine öffentliche Einrichtung, welche normal ausgeschildert war und durch das eine Verbindungsstraße zwischen zwei Orten durchführte. Oftmals gab es auch Veranstaltungen, wie Kinoabende. Jeder aus der Umgebung Hinzert war über das KZ informiert, schwieg aber darüber, auch noch nach langer Zeit, als die Mitarbeiter des Fördervereins für Gedenkstätten nach Informationen suchten, erzählte uns Herr Mertes, der selbst dabei tätig war.
Jedoch war das KZ Hinzert kein Vernichtungslager, wie viele andere bekannte Lager, sondern ein sogenanntes Arbeitserziehungslager. Dennoch wurden die Menschen dort gezielt gequält, den wahrscheinlichen Tod beabsichtigend. Durch Misshandlungen und schlechte Bedingungen kamen dort mindestens 321 Menschen ums Leben.
Nach der Aufklärung befassten wir uns in Gruppen mit den verschiedenen Opfergruppen und stellten diese vor. Wer war denn überhaupt in Hinzert gefangen? Insgesamt waren es im Zeitraum von ca.5 Jahren ungefähr 10 000 Männer die dort eingeliefert wurden und die zeitweise mit 1200 Häftlingen in Baracken mit der Kapazität von 560 Schlafplätzen untergebracht waren. Diese Männer wurden aufgrund ihres, von den Nationalsozialisten gesehen, „asozialen“, „widerständigen“ und „undisziplinierten“ Verhalten eingeliefert und sollten umerzogen werden. Zu den Opfergruppen gehörten Häftlinge aus besetzten Ländern wie Frankreich, der Sowjetunion und Polen, ebenso wie sogenannte Nacht-und-Nebel Gefangene, die spurlos aus ihrer Heimat verschwinden sollten und unter größter Geheimhaltung nach Deutschland ins KZ nach Hinzert verschleppt worden. Dabei hatten die Opfer striktes Postverbot, sodass die Angehörigen keinerlei Informationen über das Verschwinden ihrer Verwandten hatten. Gefangen gehalten wurden auch Zwangsarbeiter aus den eroberten Ostgebieten und größtenteils Luxemburger, die sich dem Widerstand gegen die deutsche Besetzung angeschlossen haben.

KZ Hinzert - Pölert. Ein ganz besonderes KZ?
Der Tagesablauf der Häftlinge war ziemlich strikt geordnet und anstrengend für die Insassen. Der Lageralltag begann um ungefähr 5 Uhr morgens mit dem Stubenappell. Anschließend ging es zum Waschen, Ankleiden und Zimmer-machen, woraufhin sie zum Frühsport auf dem Appellplatz gezwungen wurden. Nach anschließendem Frühstück, welches sehr mager war, wurden sie in schnellem Schritt zum Morgenappell gebracht. Bis 18 Uhr wurde zwangsgearbeitet, wonach es Suppe zum Abendessen gab und gegen 21 Uhr Bettruhe war. Jeden Tag wurde derselbe Tagesablauf durchgezogen. Ab und zu haben sich die Kommandanten einen Spaß erlaubt und die Häftlinge qualvoll lächerlich misshandelt und den Anwohnern, die auf der Straße durch das Lager gingen, zur Schau gestellt.
Das Lager bestand nicht nur aus dem mit Schiefer ausgelegten Appellplatz, sondern auch aus den Schlafbaracken der Häftlinge, dem Haus des Kommandanten, den Essensbaracken, den Wachtürmen und einem nahegelegenen Wald. Mittlerweile sieht das Gelände jedoch komplett anders aus.
Draußen haben wir mit der Gruppe eine kleine Rundführung über das Gelände bekommen und konnten mithilfe von Beschreibungen und Bildern Eindrücke über den früheren Aufbau bekommen. Mittlerweile steht dort ein Gebäude, welche im Inneren einen Dokumentationsraum hat.
Als wir auf der Straße vor der Gedenkstätte standen, erläuterte Herr Mertes uns anhand von Bildern, wo die Gebäude früher auf dem jetzigen leeren Feld standen. Von der Straße sah man einen Friedhof auf dem viele Kreuze (insgesamt 217) in Reihen aufgestellt waren, worunter die Leichen von den gestorbenen Opfern des KZs begraben liegen. Der Rest der Leichen wurde nach Luxemburg überführt oder im nahegelegenen Wald begraben, wo die meist luxemburgischen Familien nach ihren Angehörigen buddelten. Auch heute sieht man noch die Löcher und Hügel von den damaligen Suchaktionen.
Es war ein einzigartiger Einblick in das Lagerleben und den Ablauf in diesem etwas „besonderen“ KZ. Zuerst waren wir verwirrt, als wir aus dem Bus ausstiegen, da wir uns die Gedenkstätte anders vorgestellt hatten, waren jedoch positiv überrascht über die Gestaltung des Dokumentationsraumes und die Führung.
Wir haben alle mit Interesse neue Erkenntnisse gewonnen und konnten unser aufgenommenes Wissen in verschiedenen Themengruppen verarbeiten.

Victoria Cabrera Schwarz, Lily Rawnsley, Anna Michels, Charlotte Schlöder


Projekt II: Künstlerische Auseinandersetzung: Plakatkunst der Nationalsozialisten und Plakate heute

An den Gedenktagen beschäftigte sich unsere Gruppe mit der künstlerischen Auseinandersetzung der Schrecken des Nationalsozialismus. Zunächst befassten wir uns mit einigen Propaganda Plakaten aus der damaligen NS-Zeit, sowie mit den Werten, die sie vermitteln wollten.

Danach verglichen wir sie mit aktuelleren Wahlplakaten und stellten fest, dass jegliche Formen  der Diskriminierung von Minderheiten stets allgegenwärtig sind. Unser Ziel war es nun, Plakate herzustellen, die Werte vertreten, die uns wichtig sind und für die wir uns einsetzen möchten: Toleranz, Meinungsfreiheit, Stärke durch Diversität, Nachhaltigkeit, Offenheit gegenüber anderen Sprachen und Kulturen, gegen Rassismus.

Dieses Projekt war eine wichtige Erfahrung, da viele nicht bewusst mitbekommen, wie präsent Ausgrenzungen und Unterdrückungen in unserer Gesellschaft heute noch sind.

Chiara Mai-Lynn Seyffarth, Eva Eleni Gallet


Projekt III: Literarische Bewältigung

„Das Gedicht kann [...] eine Flaschenpost sein, aufgegeben in dem [...] Glauben, sie könnte [...] an Landgespült werden, an Herzland vielleicht [...]“ (Paul Celan)
Dieses Zitat ist die Antwort Paul Celans, auf die Frage, ob es nach Auschwitz, nach dem Holocaust noch legitim sei, Gedichte und Poesie darüber zu verfassen; eine Frage, mit der wir uns unter anderem
während des Projekts „literarische Bewältigung“ zum Gedenken des Holocausts unter der Leitung von Frau Hering befasst haben. Innerhalb von zwei Tagen, hat sich unsere Gruppe in erster Linie mit Celans bekanntestem Gedicht „Todesfuge“ auseinandergesetzt und sich darauf vorbereitet, es in der abschließenden Gedenkfeier vorzutragen.
Mit seinen Gedichten versucht Paul Celan dem „Unsagbaren“ eine Stimme zu geben und sein selbsterfahrenes, erschütterndes Leid, sowie die damals verübten Verbrechen in Worte zu fassen und somit auch zu verarbeiten. Diese Verarbeitung scheint ihm allerdings nur teilweise zu gelingen, da er 1970 den Freitod in der Seine wählt. Als Einstieg in die Thematik, sahen wir uns eine eindringliche Dokumentation über Heinrich Himmler, ehemaligen Reichsredner und Parteifunktionär der NSDAP und einer der Hauptverantwortlichen des Holocausts, an, wobei auch das Erleben und Leiden von verschiedenen Zeitzeugen im Vordergrund stand.
Die hochemotionalen, verstörenden Szenen gingen uns allen sehr nah, ließen uns erschüttert und im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos zurück, was auch unseren Blickwinkel auf die literarische Arbeit beeinflusst hat.
Im Kern unseres Projekts versuchten wir mit einer recht tiefgründigen Interpretation und Analyse des Gedichts „Todesfuge“, das Empfinden Celans ansatzweise nachzuvollziehen, obwohl uns das niemals vollständig gelingen kann. Nach einer langen Auseinandersetzung mit diesem, alleine sowie in der gesamten Gruppe, wirkten Celans Worte eindrücklich in uns nach. Für die anstehende Präsentation teilten wir das Gedicht in verschiedene Abschnitte und Rollen ein, um dessen antithetischen Aufbau, sowie auch die Mehrstimmigkeit einer Fuge in unserer Inszenierung möglichst repräsentativ zu vermitteln.
Fest steht, dass der gesamten Gruppe die Verantwortung dieser Aufgabe bewusst war, auch einhergehend mit dem unbedingten Willen den Text in seiner vollen Aussage, möglichst angebracht und ehrfürchtig zu präsentieren. Im Laufe der zwei Tage übten wir so viele, viele Male das Gedicht in diverser Besetzung ein, versuchten und untersuchten die Wirkung von Dynamik, Betonung, Geschwindigkeit, Pausen und Akzentsetzung. Der Abschluss der Gedenktage, die abendliche Gedenkfeier, war sowohl durch die Präsentationverschiedenster Projekte als auch durch sehr ergreifende, berührende Reden und Musikeinlagen, äußerst gelungen, und wir hoffen, durch unser Vortragen einen Teil dazu beigetragen zu haben. Mit einem kleinen Erinnerungszettel, welchen wir den Besuchern der Feier mitgeben konnten, hoffen wir, auch nach dem Abschluss unserer Gedenktage noch zum Nachdenken und Gedenken anregen zu können, da es auch in unserer Verantwortung liegt, dass eine solche brutale und widersprüchliche Entmenschlichung, wie sie zur Zeit des Nationalsozialismus stattgefunden hat, nie wieder passiert. An dieser Stelle möchten wir uns außerdem ganz herzlich bei Frau Weidenbach und Herrn Jakobs für die Planung, Organisation und Anleitung der Projekttage, sowie natürlich bei allen weiteren Mitwirkenden bedanken. Wärmster Dank gebührt zudem Frau Hering, die durch ihre verständnisvolle, tief gehende Leitung des Projektes, unsere Gruppe für die Auseinandersetzung mit literarischer Bewältigung sensibilisiert und mobilisiert hat, und uns - trotz vieler Zweifel und Unsicherheiten- den Mut schenkte, „dem Unsagbaren unsere Stimme zu verleihen“.

Carina Bürger und Franziska Zwicker


Projekt IV: RECHTS.DEUTSCH.RADIKAL

Im Rahmen der diesjährigen Gedenktage der Shoa hat sich das Projekt Deutsch.Rechts.Radikal. unter Leitung von Frau Schäfer mit Rechtsextremismus in Deutschland und der stetig wachsenden Bedrohung durch rechtsradikale Aktivitäten für die Demokratie beschäftigt.

Als Einstieg in das Thema stand eine Dokumentation über die aktuellen Entwicklungen des rechtsextremen Spektrums in Deutschland auf dem Plan. Im Anschluss bildeten wir drei Gruppen, die das Thema für die Gedenkfeier am darauf folgenden Tag, dem 26.01.2023, in unterschiedlicher Weise aufarbeiteten.
Unserer Kreativität waren hierbei keine Grenzen gesetzt und so entstanden schlussendlich ein Video, das sich mit der Frage beschäftigte, wie man damit umgehen sollte, wenn man auf rechtsradikale Äußerungen im eigenen Freundeskreis trifft, ein Podcast, der die Frage wie und warum es zu einer Radikalisierung der Menschen kommt und wie man wieder aus der rechten Szene aussteigen kann, behandelte, und ein Projekt, das unterschiedliche Perspektiven zu rechtsextremen Ideologien im Wandel der Zeit aufarbeitete.
Während der Projekttage und der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus und der rechten Szene, die aktuell in Deutschland beunruhigend viele Anhänger findet, ist uns noch einmal mehr bewusst geworden, wie wichtig es ist, Aufklärungsarbeit zu betreiben und vor allem nie zu vergessen, dass Hass und Gewalt nie der richtige Weg sein können.

Aurélie Groß/ Ava Eddicks


Projekt V: Den Opfern ein Gesicht geben – Die Trierer Deportierten

Am 16. Oktober 1941 verlässt der erste Deportationszug „Da3“ Trier/Luxemburg, um insgesamt 513 Juden aus der Region ins Ghetto Litzmannstadt zu transportieren. Nach Ende des Krieges kehren nur 13 von ihnen zurück in die Heimat.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages haben wir in dem Projekt „Den Opfern ein Gesicht geben – Die Trierer Deportierten“ unter der Leitung von Frau Dr. Benner und Herrn Richtscheid vom Emil-Frank-Institut am 25. und 26. Januar 2023 im Stadtarchiv und in der Stadtbibliothek Trier geforscht. Mit Unterstützung von Frau Dr. Fugger von dem Rech und Frau Dr. Palica und ihren Teams haben wir zwei Tage lang versucht, das Leben von vier Opfern und ihren Familien zu recherchieren und ihre Biografien zu rekonstruieren. Zu Beginn des Projektes zeigte uns Ralf Kotschka von der AG „Grenzenlos gedenken“ ein Interview mit einem Zeitzeugen aus Trier. Dabei wurde uns klar: Die Nationalsozialisten wollten nicht nur Menschen töten, sie wollten alle Hinweise auf sie vernichten und auslöschen. Dadurch, dass die Personen, mit denen wir uns beschäftigt haben, auch in unserem Alter waren, waren wir von ihrem Schicksal besonders betroffen. Hier wurde deutlich, dass diese Opfer, darunter zahlreiche Kinder, ohne Rechtfertigung, ohne Grund, aus ihrem Leben gerissen wurden.

Zusätzlich zu der Arbeit im Archiv hat uns Herr Richtscheid auf einem Stadtrundgang die jüdische Geschichte in Trier nähergebracht, indem wir unter anderem einige Stolpersteine angeschaut oder auch das Denkmal für deportierte jüdische Bürger und Bürgerinnen an der Rindertanzstraße besucht haben.

Die intensive Forschungsarbeit hat sich gelohnt, da wir bei der Gedenkfeier am 26. Januar unsere Ergebnisse und Gefühle mit unseren Mitschülern teilen konnten und hoffen, dass wir damit das Ziel unseres Projektes erreichen konnten: den Opfern ein Gesicht zu geben. Ein prägender Teil unserer Präsentation war vor allem, dass wir die Gesichter der vier Personen mithilfe einer App altern ließen und somit noch einmal bildlich zeigen konnten, dass sie nie die Möglichkeit hatten, ihr Leben fortzusetzen. Jedoch ist das noch nicht das Ende unseres Projektes: Wer Interesse hat, kann demnächst weiter recherchieren und sich auch mit anderen Opfern beschäftigen. Die Ergebnisse des Projektes werden auf der Website der AG „Grenzenlos gedenken“ präsentiert und für jeden zugänglich gemacht.

Hannah Schmitz; Fotos: Stadtarchiv Trier und Dr. Sonja Benner


Projekt VI: Heute noch gedenken?

Ist es überhaupt wichtig, heute noch zu gedenken? Das war die Leitfrage, die uns in unserem Projekt an den Gedenktagen bei unseren Recherchen begleitet hat. Zur Einführung in die Thematik haben wir mit unseren Projektleitern Frau Weidenbach und Herrn Jakobs den Kurzfilm „Spielzeugland“ von Jochen Alexander Freydank geschaut.
Mit einer Zusammenstellung von Zitaten aus politischen Reden, Leserbriefen und Songtexten konnten wir konkrete Beispiele für Antisemitismus heute und für die Ablehnung von Gedenkarbeit finden. Nach einer gemeinsamen Diskussion waren wir uns schnell einig, dass Antisemitismus heute noch sehr aktuell ist.
Als Impuls für die Gedenkveranstaltung am Abend haben wir sowohl verschiedene dieser Zitate, als auch Bilder von Trierer Gedenkstätten auf Handzettel abgedruckt und in der Aula auf den Stühlen ausgelegt.
Unser Resümee: Wir heute, die Generation, die den Holocaust nicht mehr miterlebt hat und ihn somit auch nicht verhindern konnte, hat keine direkte Schuld, aber die Verantwortung, alles zu tun, um die Wiederholung einer solchen Katastrophe zu verhindern. Dafür müssen wir dem Vergessen dieser schrecklichen Ereignisse vorbeugen: Gedenkarbeit ist also auf jeden Fall wichtig und notwendig.
Dazu passend haben wir auch das Gedicht „Des Unschuldigen Schuld“ der jüdischen Autorin Gerty Spies besprochen, die seit ca. einem Jahr die neue Namensgeberin der Straße ist, an der unsere Schule liegt. Sie stellt klar, dass jeder, auch wenn er selbst keine Verbrechen begeht (also zunächst eigentlich unschuldig erscheint), sie aber durch eigene Passivität zulässt und nichts gegen sie unternimmt, schuldig ist.

Wie weit das Gedenken gehen darf, ist eine schwierige Frage, die oft für viele Diskussionen sorgt. So auch bei der Holocaustgedenkstätte in Berlin, einer fußballfeldgroßen Fläche, auf der große Steinquader in stilisierter Form Leichenberge, wie es sie in den Vernichtungslagern gab, symbolisieren sollen. Besonders in Bezug auf die Bodenversiegelung und den knappen Wohnraum in Berlin gab es harte Kritik. Jedoch braucht es diese Art Schock, um die eigentlichen Ausmaße der Vernichtung wenigstens ansatzweise nachvollziehen zu können.

Auch der eindrückliche Vergleich, den Herr Stiller in seiner Abschlussrede dargelegt hat, nämlich, dass, wenn alle Opfer des Holocaust, alle im Krieg gefallenen Soldaten, kurzum, alle Menschen, die durch das Handeln der Nationalsozialisten den Tod fanden, eine Menschenkette bilden würden, diese länger wäre als der Äquator, zeigt mehr als eindringlich die unfassbare Unmenschlichkeit, die durch die Ideologie der NS und den Antisemitismus entstanden ist. Mit zentraler Punkt unserer Projektarbeit war die Besprechung der Rede des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog vom 19.01.1996 in Bonn, die er anlässlich der Festlegung des 27.01. als Gedenktag hielt. Herzog appellierte an alle Menschen sich zu erinnern, „denn ohne Erinnerung gibt es weder Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft“.
Ausgehend von diesem Leitgedanken überlegten wir uns verschiedene Mottovorschläge für die Gedenkveranstaltung. Nach einer Abstimmung war es schließlich das Motto „Denk-mal!“ geworden. Man kann es auf zwei verschiedene Weisen lesen: einmal als Substantiv „Denkmal!“; somit ist es eine Bezeichnung für das, was wir auch mit unseren Gedenktagen setzen wollen, wenn auch nicht in materieller, jedoch in ideeller Form, nämlich ein Denkmal für die Opfer des Holocaust. Man kann es aber auch als Imperativ verstehen „Denk mal!“ So wird es zu der Aufforderung, die auch Roman Herzog in seiner Rede anspricht, sich an das zu erinnern, was passiert ist und mit Hilfe des eigenen Verstandes daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen und zu verhindern, dass solche Schreckenstaten je wieder passieren; denn „[w]er Unfreiheit und Willkür kennt, der weiß Freiheit und Recht zu schätzen.“

Jakob Braun


Fotos: Sonja Benner, Elisabeth Apel, Gedenkstätte Hinzert, Stadtarchiv Trier

 

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